Herr Masernvirus, sie kommen weltweit vor. Wie gelingt
Ihnen und ihren Mitstreitern die Verbreitung?
Nicht doch so förmlich, nennen Sie mich ruhig Morbilli. Wie
nutzen die fliegende Infektion oder den direkten Weg per
Tröpfcheninfektion über die Schleimhäute des Atemtraktes oder
über die Augenbindehäute.
Wie kommt es das Sie so ansteckend sind?
Na das war nun wirklich einfach, wir sind eben einfach schon
1-2 Tage vor Beginn des Vorläuferstadiums ansteckend und
bleiben es auch einfach bis zum Abklingen des Exanthems.
Ausserdem haben wir eine lange Inkubationszeit, damit wir erst
nach 10-14 Tagen auffallen.
Wieso haben sie sich den Menschen ausgesucht, um ihre
Zeichnungen zu veröffentlichen?
Auf ihm lassen sich unsere Malereien am besten
veröffentlichen.
Wieso das lange Prodomalstadium?
Nun, zunächst müssen wir für eine gute Malgrundlage sorgen,
daher sorgen wir dafür das die Nase läuft, sich Husten und eine
Bronchitis einstellen, dabei vergessen wir auch den Rachen
nicht und sorgen hier für eine schöne Entzündung. Damit auch
die Augen etwas zu tun haben, sorgen wir für eine ausgeprägte
Bindehautentzündung, so daß der Mensch das Licht am liebsten
scheut. Das alles brauchen wir um schön zeichnen zu können.
Warum veranlassen sie dann ein Fieber?
Um das Ganze zu festigen, entfachen wir noch ein kleines
Feuerchen, welches so um die 38 Grad liegt. Eben bei diesen
Temperaturen lassen sich die feinen Filigranzeichnungen in der
Wangenschleimhaut am besten bewältigen. Mein Onkel Koplik
zeichnet die weißlichen Stippchen übrigens aus kleinen,
abgestorbenen Epithelzellen, rundherum sorgt er für einen
geröteten Hof, damit sich das Weiß schön vom Rot absetzt. Er
hat wirklich einen Blick für künstlerich einwandfreie Arbeit.
Wenn die Wandwangenbildchen verblassen, werden sie zeitweise
dunkelrot. Wirklich wunderschön anzusehen sag ich Ihnen.
Scheinbar scheint ihnen aber die erste Erhöhung der
Temperatur nicht ausreichend?
Das haben Sie recht. Neben meinem Onkel Koplik muss ja auch ich
meine Kunst zur Schau stellen dürfen. Ich brauche dazu ein
wenig höhere Grade, idealerweise liegen diese bei 39-40Grad. So
kann ich wunderschöne typische Hautausschläge produzieren, ich
beginne dabei immer hinter den Ohren, um erst einmal
auszuprobieren wie es ausschaut. Bin ich mir sicher mit meinem
Muster, dann weite ich meine Malerei auf den Hals und das
Gesicht aus.
Da aber auch meine Schwester und mein Bruder mitmalen wollen,
nutzen wie eben auch Rumpf und Extremitäten. Dabei kommen wir
uns dann schon mal in die Quere und es entstehen statt des
gängigen Musters auch mal größere Flecken. Meine Schwester z.B.
liebt es verspielt, sie sorgt meist für Papeln und
Blasen.
Mein Bruder dagegen ärgert gern die Menschen und lässt deren
Lymphknoten anschwellen. Er sagt er steht auf das verrotze,
verheulte und verschwollene Gesicht.
Sind sie mit Frau Scharlach verwandt?
Nein, noch nicht mal im Entferntesten. Die alte Scharlach lässt
bei den Menschen Handflächen und Fußsohlen großlamellig
schuppen, nachdem sie fertig ist. Das finden wir sehr primitiv.
Sowas gehört sich nicht, wir beschränken uns auf eine
kleieförmige Abschleifung der Haut an allen Stellen wo wir
gemalt haben.
Warum brauchen Sie solange um den Menschen wieder
herzustellen?
Hüstel, das ist mir jetzt ein wenig unangehm, aber ein paar von
uns wollen immer noch unbedingt in die Ohren eindringen und
schauen sich noch weiter im Körper um. Besonders gerne bleiben
sie auch im Atemtrakt und sorgen hier für Pseydo-Krupp oder
Bronchopneumonien. Andere wiederum haben sich auf Encephalitis
spezialisiert.
Wir versuchen sie wirklich immer zum Verlassen des Körpers nach
der Malphase zu überreden, aber bei einigen reden wir wirklich
gegen eine Wand.
Ja und genau diese Verwandtschaft sorgt dann für
wirklich böse Verletzungen bis hin zum Tod. Das macht Sie nicht
gerade beliebt bei den Menschen.
Naja, jetzt übertreiben Sie aber. Bedenken Sie bitte das die
Häufigkeit nur bei 1:2000 bei einer akuten Masernencephalitis
ist. OK, natürlich muss ich zugeben das dabei schon mal Fehler
passieren und es zu Defekten in der Heilung kommt, welches dann
zu Epilepsie oder Intelligenzeinbussen führen kann.
Nicht nur das, es gibt doch auch subakute
sklerosierende Panencephalitis.
Räusper, jaja, auch das. Hierbei handelt es sich aber um das
SSPE, das ist schon immer der Schandfleck unserer Familie. Er
kann es einfach nicht lassen und sorgt für neurologische
Ausfälle, Hör- und Sehverlust, Muskelkrämpfe bis hin zum Tod.
Aber man muss schon sagen das es nur 1:200000 mal
passiert.
Der Mensch ist ja nun auch in der Lage sich vorbeugend
gegen Sie zu wehren. Ist Ihnen das bekannt?
Natürlich haben wir schon festgestellt, dass sie aktiv und
passiv gegen uns arbeiten. Aber mal ehrlich, wenn wir einmal da
sind, können sie auch nur noch symptomatisch agieren.
Noch nicht mal das Melden hilft Ihnen dann noch.
Man hat nicht den Eindruck das Sie in Zukunft vorhaben
sich von den Menschen fern zu halten.
Nein, das haben Sie gut erkannt. Darum werden wir ja auch gerne
in Heilpraktikerprüfungen abgefragt und das obwohl für die HP
Behandlungsverbot besteht.
Wir bedanken uns für Ihre Offenheit Herr
Morbilli.
Bitteschön gern geschehen.